Wer ohne Wanderbekeidung unterwegs ist, erweckt sofort Misstrauen. Diese Phrase stammt vom berühmten Schriftsteller Georg Sebald. Kann allerdings auch deutlich machen, was passieren kann, kleidet man sich als Reisender. Wie bereits erwähnt, hält im Karst das Misstrauen gegenüber dem was man nicht kennt bzw. gegenüber Fremden, an, bis die Seelen derer die eindringen und derer die dort leben sich kreuzen und sie für immer beschützen.
Wenn wir einerseits gelernt haben, daß wir, um die Authenzität dieses Territoriums für unsere Wahrnehmungen wiederherzustellen, haben wir das Bedürfnis, verborgenen und manchmal vergessenen Wegen zu folgen, andererseits wissen wir daß die englische Behauptung “out of the beaten track” (weg von den meist befahrenen Wegen) nicht von sich aus die Unverständlichkeit einer Gegenüberstellung mit sich bringt. Im Karst muss das was vielen als unerreichbar erscheint (aus diesem Grund wenig Beachtung erhält) einfach nur erzählt werden, um selbst die Neugier von Skeptikern zu wecken.
Eine fünftägige Reise
Glaubt man, ein paar Schritte reichen aus um zu erkennen wie der Karst aussieht, muß man sich eingestehen- die Reise erfordert einige Tage um seine verschiedenen Dimensionen zu verstehen. Deshalb sollte man – bevor man sich auf die besonderen, markierten Spuren der Geschichte einläßt – den ersten Weg machen den die Compagnia dei Cammini jährlich organisiert.
Luigi Nacci,Schriftsteller, Dichter und Reisender aus Triest leitet diese 5 TageTour für “Ausländer” im sogenannten periplo del Carso. Vom Molo Audace, einen Steinwurf vom Piazza Unita entfernt, bis Draga SantElia (slowenisch Draga) finden wir uns in einem schwierigen Gebiet, das sich durch das Val Rosandra windet (Die Route die seit Jahren von Immigranten benutzt wird) und das Leid des 20.Jahrhunderts vergleicht mit Augenblicken einer excellenten Gastronomie, die geeignet ist die Überzeugung von Veganen, Orthodoxen, wieder auf einen normalen Status zurückzuholen. Auf dieser Reise findet man Alles, von der Geschichte bis zu Treffen mit lokalen Gästen, Journalisten, Schriftstellern, Regisseuren, Dichtern und einfachen Freunden des Leiters. Zwischen natürlichen Höhlen und künstlichen Schutzräumen, den Farben des Karst und dem “Geschwätz” im Schatten einer Linde oder einer Kirche des 17.Jahrhundert; weiß wie Kalkstein und noch heute ein Zufluchtsort für einen großen Teil der slowenischen Gesellschaft. Es gibt das Flüchtlingslager der istrischen Verbannten, eine Herberge zwei Schritte entfernt von der Kaserne wo Francesco Guccini Eskimo schrieb, die Olivenbäume und Klippen mit Blick auf das Meer, zwischen Dinosauriern und dem unterirdischen Fluss Timavo, der sich hier am nördlichsten Punkt des Mittelmeeres nach zig Kilometern aus dem Untergrund wieder zeigt. Erstmals besungen von Virgil, dem Dichter. Es sollte ausreichen, um neugierig zu machen.
Die Hölle des Berges Hermada
Ein furchtbares Inferno. Diese Definition beschreibt die Geschichte, die auf diesem Hügel am Meer ruht. “Stufen der Niederlage” geschrieben vom österreichisch-ungarischen Offizier Fritz Weber nach dem Ende des ersten Weltkrieges; erzählt vom Kommen und Gehen der Truppen, bezahlt von den Habsburgern im Konflikt zwischen Karst, Isonzo und der Front der “Weißen”, dem Dolomit. Weber hat den Hermada (slowenisch Grmada, italienisch Ermada) bezwungen; Jahre später hält er seine Erinnerungen an den Krieg fest. Wenn man sie heute liest, kann man sich die Gewalt vorstellen und findet gleichzeitig Antworten auf zahlreiche Fragen, die diese Grenze begleiten. Die beste Reiseroute ist der Orientierungsverlust. Es macht keinen Unterschied dorthin zu gelangen, sei es von Malchina oder Ceroglie aus, oder vom alten Bahnhof Duino auf den Gipfel zu klettern, oder von Medeazza bzw.den Wanderwegen in Slowenien.In allen Fällen nehmen die Spuren landwirtschaftlicher Wege oder alte Pfade, vom österreichischen Militärgenie gebaut, wieder ihren Lauf; nähert man sich den Fronten des Krieges tun sich andere Furchen auf, Gräben, tiefe Löcher, in denen die Infanterie darauf wartete in die Schlacht geschickt zu werden. Es gibt Höhlen, Kasematten, Granatenteile, die nach Tagen reichlichen Regens aus dem scharfen Stein des Karst wieder auftauchen. Manchmal scheint es an Hermada (slowenisch bush-grm abgeleitet) hat sich im Vergleich zu in hundert Jahren nichts verändert.
Das Traurige und Kuriose ist, dass es keine Anzeichen gibt, die dem Touristen erklären, was in dieser Hölle passiert ist. Dieser Berg war das letzte, uneinnehmbare österreichisch-ungarische Bollwerk auf dem Weg nach dem nicht eroberten Triest. Es war Schauplatz des Krieges Mai 1915 bis Herbst 1917. Die Truppen unter Savoyer schafften es nie, die Trikolore zu hissen. Nach Ansicht vieler Geschichtsexperten ist die Tatsache, dass dieser Berg in italienischen Militärkreisen keiner Prahlerei bedarf, folglich will man keine Erinnerung aufbauen.
Wandert man auf diesen Wegen, tauchen lange verschlossene, vergessene Ereignisse des Krieges an der Ostgrenze wieder auf. Um sich ein Bild von den Tragödien des zweiten Weltkrieges machen zu können, müssen Sie sich ihre Stiefel anziehen und hier hinaufklettern, 323 Meter über der Adria – Jadransko oder Adria – es macht keinen Unterschied.
Die Milch aus Triest auf den Köpfen der Karstfrauen
Letztere konnten bis in die siebziger Jahre und darüber hinaus beobachtet werden. Vor der großen Verteilung und dem Aufkommen der Supermärkte wurde die Milch in Triest von den Frauen aus dem Karst gebracht, jeden Morgen kamen sie vom Karst in die Stadt. In großen, schweren Behältern kam die Milch jeden morgen frisch in den Häusern in Triest an. Um sich an diese Tradition zu erinnern, findet man die Wege, die die Milchfrauen (slowenisch “Mlekarice”) nicht mehr begehen, sie bleiben Ausdruck nicht ferner Vergangenheit.
Die Hauptzone dieser Route verläuft vom Globojner-Park in Richtung der Bezirke San Giovanni und Cologna. Der Start erfolgt in der Nähe des Science Park Area, einem wissenschaftlichen Kompetenzzentrum hinter Triest. Von hier zweigen einige Wanderwege ab, auf denen die sogenannten “Milchfrauen” die Helden waren. Um sich an die Tradition zu erinnern, sind einige percorsi (Erinnerungen) die,die obwohl es die Milchfrauen (sloweinisch mlekarice) nicht mehr machen, einen Eindruck hinterlassen, der nicht weit zurückreicht. Eine der interessantesten Zonen dieser Reisen ist das Gebiet des Park Globojner, der sich bis in die Stadtviertel von San Giovanni und Cologna erstreckt. Der Start liegt neben des Area Science Park, wissenschaftlicher Pol auf den Schultern von Triest. Hier lichten sich einige Wege, die Eingeweihte als die “donne dell latte” nennen.
Auf der einen Seite schlängelt sich der Weg über die alte Straße, von den Römern in der Nähe der Sella del Monte Spaccato. Auf diesem Weg kann man noch heute die großen Pflastersteine sehen, die diese Pulsader charakterisierten. Diese Straße mündet in die Straße von Basovizza. Hier, nachdem diese vorsichtig überquert wurde, geht man der Straße entlang, die nach Damiano Chiesa benannt ist, ein Irredentist, der auf der Burg Buon Consiglio die Trento während des ersten Weltkriegs hingerichtet wurde. Wenn man die steile Straße hinuntergeht, erreicht man das pulsierende Herz des Stadtteils San Giovanni, ein Vorort von Triest, wo man heute noch auf slowenisch beten kann (Messen finden wöchentlich statt) und wo die Erinnerung an Franco Basaglia weiter lebt. Die Revolution, die zum Gesetz 180 führte, nahm hier ihren Ausgang, im Inneren der ex Psychiatrie, heute eine Zweigstelle der Universität, von einigen Genossenschaften und mit einem der 600 schönsten Rosengärten Europas. Der zweite Weg führt vom Eingang zur Römerstraße rechts in Richtung des Teichs Conconello/Ferlugi. Leider ist die Tafel, die die Geschichte der mlekarice illustriert witterungs- und durch schlechte Wartung bedingt, ruiniert. Würde man sie restaurieren, würde die Ehre dieser vergessenen Geschichte wieder hergestellt, ein Bild einer Zeit, in der Triest auf den Karst vertraute und umgekehrt.
Die Treppen zum Meer
Es ist ein Weg schöner als der andere. Diese, die De André in “le creuza de ma” beschreibt (Pfade, die zum Meer führen) entstanden auch hier zwischen Karst und Adria. Es sind verwahrloste Treppen, die teils ausgebessert wurden und während der Sommersaison von Badegästen benutzt werden. Diese Aufzüge der Vergangenheit wurden von Fischern aus den Karstdörfern benutzt, die von oben zum Ufer stürmten, um an Booten zu arbeiten, Netze zu überprüfen und zu reparieren und den Horizont nach Thunfischen absuchen.
“Boiva el mar” ist ein Ausdruck aus dem Karst bedeutet, dass Wachposten am Rand stationiert sind und die Massen der ankommenden Thunfische ankündigen. Zu versuchen, sich in die slowenischen Fischer, die in Eile und ungestüm zum Meer kommen wollen, reinzudenken, ist vielleicht eine der besten Möglichkeiten, diesen sehr langen Treppen entgegen zu treten.
Vom Dorf Santa Croce (Kriz) gibt es einige Wege (Nahe dem Restaurant Tenda Rossa) wovon alle zum Yachthafen führen. Im Gebiet der Filtri gibt es eine neu errichtete Straße um einen Sitz des Iistituto Nazionale di Geofisica Sperimentale zu erreichen (im Gebiet der Filtri oder Brojenca), die vielleicht die alten Stufen überflüssig gemacht haben.
Auch um den FKK-Bereich zu erreichen muß man eine lange Treppe bewältigen. Diese Route ist für Experten und nicht für Sonntagswanderer geeignet. Wenn Sie sich für diesen Weg entscheiden und die Küste erreichen, finden Sie rechter Hand den kleinen Hafen Canovella degli zoppoli. Der Name beeinflusst, weil abgewandelt von cupe (düster). Einzigartige Boote wurden aus großen Baumstämmen geschaffen und der Fischerei gewidmet. Dank der Vorläufer “Pirogen”, erreichten die Fischer die ThunfischSchwärme und begannen diese zu schlachten. Eine Tradition, die aufgrund des Verschwindens der Thunfische in diesem Abschnitt der Adria nicht mehr existiert.
Von Bazovica nach Pliscovizza: Gehen Sie am Rande
Man kann zeitgenössischer Migrant sein und Grenzen überschreiten, diese sind im Wald nur fiktiv vorhanden. Ja, im Karst ist alles möglich. Bewegt man sich da und dort an der Grenze hin und her, bemerkt man oft nicht einmal, dass man die Grenze überschritten hat. Ein Schritt weiter schwindet die Erwartung plötzlicher Veränderung durch die Dichte des Waldes, die Farben des Unterholzes, das Nebeneinander der Sprachen und der Dialekte die sich immer noch vermischen.
Eine Reiseroute, die besser als andere die Gemeinsamkeit widerspiegelt ist die von Basovizza zum Ort Fernetti (nahe der internationalen Grenze). Zuerst Richtung Col (Zol) weiter durch die dichten Wälder des Naturschutzgebietes erreicht man Pliskovica in Slowenien. Die Route ist wenig befahren und erlaubt daher Eigenheiten der Landschaft zu beobachten und über echte Laubteppiche zu gehen.
Der Herbst ist eine der eindruckvollsten Jahreszeiten für Karstwanderungen. Die Natur wechselt die Farbe, Farbtöne des Waldes entzünden sich, bis sie leuchten. Es ist ein jedes Jahr wiederkehrender Wechsel, ein Ereignis saisonal führt zum Wechsel der Kleidung: als hätte jemand Pastellfarben und Werkzeug getauscht, um die Welt neu zu streichen.
Von Basovizza aus ist der Startpunkt am Beginn des Resselwegs und von hier aus, ohne falsch zu liegen, muss man den Wegweisern Richtung Gropada (entlang dem berühmten Igonzawald) und weiter Richtung Trebce (Trebiciano) folgen; kurz retour (Richtung Padriciano) stößt man auf das Flüchtlingslager, in dem die istrischen Exilanten im 2.Weltkrieg untergebracht waren. Zurück in Tebriciano geht man in Richtung Orlek dolina, kurz vor dem Fernetti LKW Stellplatz. Sobald Sie auf der Hauptstraße angekommen sind (weiter rechts ist die Grenze) geht man in Richtung eines kleinen Supermarkts und folgt der asphaltierten Straße Richtung Col. Dort zur Linken ist ein Ort, der “Dolina dei druiden” heißt, der obwohl er die Aufmerksamkeit derer die an Esoterik glauben (die Legende sagt, daß schwarze Messen organisiert wurden-eine Hypothese die von maßgeblichen Quellen zurückgewiesen wurde) eine ganz eigene Fazination wegen eines Steinaltars und einiger Mauern besitzt, um die Struktur eines Amphietheaters zu simulieren. Nach einer kurzen Rast im Restaurant “Il castelliere” beginnt dahinter ein Weg, der Sie direkt nach Pliskovica bringen wird. Der Weg Col ist vielleicht die eindruckvollste Reiseroute an der Grenze der beiden Länder. In diesem winzigen Karstdorf überlebt eine Herberge, in der Sie sich eine oder mehrere Nächte ausruhen können, sehr gut. Und einmal im Jahr werden die Innenhöfe dieser Häuser für Besucher geöffnet; da wird der Kunst der karstischen Steinmetze gefrönt. Man erlebt nochmals den Vorplatz der altehrwürdigen Landhäuser, atmet die Atmosphäre zwischen Kaminfeuer, den Duft der Destillerie und den Eisengeruch ein. Man spürt in irgendeiner Art schon den Orient.
Um herauszufinden, wo sich Val Rosandra befindet, klicken Sie hier.